Mit Wittgenstein gegen den «political correctness»-Wahn

Viele leiden unter dem „political correctness“-Wahn solcher, die Listen angeblich verbotener Wörter wie “Neger” oder “Negerküsse” oder “Holokaust”oder “Pogromstimmung“ mit sich führen, um bei jeder Gelegenheit gegen deren Gebrauch zu protestieren. Folgen wir dem gegenüber einer Einsicht Wittgensteins, daß man die Bedeutung eines Wortes an seinem  “Gebrauch in der Sprache” erkennt, erscheint es als unsinnig, den Gebrauch in der Sprache umgekehrt durch vorgegebene Listen von Wortbedeutungen regeln zu wollen.

Denen, die mit einer political-correctness-Liste vermeintlich verbotener Wörter herumrennen, um deren Ersetzung durch andere zu fordern, muß gesagt werden: «Ihr sei über die Maßen heillose Eigenbrötler (das deutsche Wort für das griechische “Idioten”) und Sprach-Terroristen. Wie dumm euer Verhalten in Wahrheit ist, könnte ihr vom Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein lernen, der erklärt hatte: “Willst du die Bedeutung eines Wortes wissen, sieh auf seinen Gebrauch in der Sprache!”. Da helfen eben keine geistesgestörten Listen verbotener Wörter! – Und die Begeisterung, mit der Pipi einen Tanz zu “Mein Vater war ein Negerkönig, Negerkönig, Negerkönig …” aufs Parkett legt, beweist, daß ein liebe- und hochachtungsvoller Sinn den Gebrauch dieses Worte bei ihr und damit dessen Bedeutung bestimmt. Leider hatte die Familie Astrud Lindgrens nicht genug Energie gehabt, jenen Sprachwichsern einfach die Tür zu weisen, was ich sehr bedaure.

Unter Freuden werden Worte, die als anstößig gelten, nicht selten im Sinne einer Bezeugung der Freundschaft gebraucht.

Daß dem Manager einer großen Firma Knall auf Fall gekündigt wurde, weil er in der Kantine seines Hauses “Negerküsse” bestellt hatte, ist ein anderes Beispiel für einen sich ausbreitenden Wahnsinn des Poitical Correctness. War die Entlassung von einem höheren Gericht für unwirksam erklärt worden, bleibt der ganze Vorgang doch ein schlimmes Beispiel für einen grassierenden Mangel an Urteilskraft.

Daß der Zentralrat der Juden in Deutschland für bestimmte Begriffe – man denke einmal an den Zirkus um das Wort Holokaust – eine Deutungshoheit beansprucht und glaubt, über ihren Gebrauch entscheiden zu können, ist anmaßend und auch dumm.  Denn dumm ist es, die Verwendung eines Begriffs auf einen empirischen bzw. historischen Fall einschränken zu wollen, weil es dem inneren Sinn dessen widerstreitet, was die Funktion eines Begriffs ist, als «conceptus communis» nämlich eine Vorstellung von Allgemeinem zu sein, unter die je Verschiedenes fallen kann und fallen können muß. Witzigerweise war diese Eigenschaft von Begriffen, als allgemeine Vorstellungen anderes unter sich befassen zu können, ja der sprachlogische Grund dafür gewesen, daß man bestimmte Vorgänge im Dritten Reich überhaupt unter solche Begriffe wie «Pogrom» oder «Holokaust» hatte fassen können. — Vgl. «Pogromstimmung» oder der Sprachterror des Zentralrates

Der politische Wille zur Verhinderung des Gebrauchs bestimmter Wörter wie „Mohrenkopf“, „Mohrenstraße“ oder „Negerkönig“ beruht wohl wesentlich auf einem Mißverständnis der Bedeutung von Wörtern. Man stellt sich vor, es gäbe bestimmte Wörter, deren Gebrauch eis ipsis zu verbieten wäre, und man könne mit Listen „verbotener Wörter“ herumziehen und in einen bislang ungerügt gebliebenen Wortgebrauch eingreifen. 

Willst du die Bedeutung eines Wortes wissen, so frage nach seinem Gebrauch in der Sprache, empfiehlt Ludwig Wittgenstein u.a. in seinen „Philosophischen Untersuchungen“, § 43, und er tut das aus der Erkenntnis heraus, daß Sprache einen lebendigen Charakter hat und viel mehr ist als die Anwendung in ihrer Bedeutung festgelegter Vokabeln. Singt und tanzt Pipi Langstrumpf ihren „Negerkönig“-Song mit großer Begeisterung und voller Hochachtung vor ihrem Vater, ist es lebens- und literaturzerstörend und zugleich ein beängstigendes Anzeichen eines neuen Totalitarismus von Idioten, wenn es ein paar blassen Begriffsalbinos gelingt, die Familie Astrid Lindgrens zu einer Änderung dieses Textes zu erpressen.

Wörter sind nicht auf ihre lexikalische Bedeutung eingeschränkt, sondern entfalten in je verschiedenem Gebrauch erst ihre Lebendigkeit, ihren Witz, ihre Bedeutung. So hatte auch die beliebte „Mohrenstraße” für Anlieger und Besucher ihre in der Geschichte gewachsene besondere Bedeutung erhalten und bewahrt. Ihre Umbenennung könnte sich, so einmal genauer betrachtet, als ein großer Fehler und eine Zerstörung gelebter Historie erweisen, zugleich als ein Akt von Dummheit und Anmaßung, zumal die Anlieger gar nicht gefragt worden waren, aber 1.134 Bürger sich gegen die Umbenennung — der Name gehöre zur Stadtgeschichte — ausgesprochen hatten, ihr offizieller Einspruch gegen die Umbenennung durch die Verkündigung einer erpresserisch hohen Verwaltungsgebühr von bis zu 700 Euro aber abgeblockt wurde.

Was Laura Neugebauer von den GRÜNEN sagt, wenn sie in einem ZDF Feature vom 27. Juli die Umbenennung damit begründet, daß sie sagt, „wir machen das, was das Gesetz von uns fordert, was unsere Anlieger und Mitbürger von uns gefordert haben“, ist also nicht mehr und nicht weniger als eine glatte Lüge. Denn die Anlieger hatten jene Umbenennung nicht nur nicht gefordert, sondern versuchen bis heute, eine mit einer Umbenennung verbundene Vernichtung gewachsener Kultur gerade zu verhindern. Dieses Bezirksamt operiere “liberal stalinistisch unter rot/rot/grüner Führung, ohne mit den Leuten zu reden und ohne vernünftige Argumente”, hatte auch der Publizist und Historiker Götz Ali moniert. (vgl. heute journal vom 26.07.2021) https://www.youtube.com/watch?v=mp9NtmxPv0I

Bemerkenswert ist auch der Fall einer Gemeinde in Schleswig-Holstein. Da fordert die Grüne Jugend Segeberg die Umbenennung des Dorfes „Negernbötel“: „Der Ortsname N***rnbötel„ enthalte nämlich „das sehr verletzende und rassistische N-Wort“, so deren Kommentar auf Instagram, der mit der Forderung schließt: „N***rnbötel umbenennen!“ 

Wichtig ist hier der historische Hintergrund: Das plattdeutsche Wort „Bötel“ der im 12. Jahrhundert gegründeten Ortschaftt Negernbötel bedeutet Siedlung, „Negern“ steht für näher, womit gesagt war, daß die Siedlung Negernbötel näher am Kloster Segeberg lag als die weiter entfernt gelegene Siedlung Fehrenbötel, deren Wortteil „Fehren“ im Plattdeutschen entsprechend “weiter entfernt“ bedeutet.

Daß die Sprecher der Grünen Jugend Segeberg, Marlene Jakob und Lennart Stahl, die Änderung des Namens trotz Kenntnis der Historie fordern, weil, wie sie meinen, Plattdeutsch „keine sehr verbreitete Sprache mehr“ sei und  man heute den Namen „mit dem rassistischen, Jahrhunderte zur Unterdrückung von schwarzen Menschen genutzten N-Wort“ verbinden würde, dies zeigt in schöner Klarheit, wes Geistes Kind diese Grünen sind: Daß sie nicht in der Lage sind, Rücksicht auf die historische Bedeutung des plattdeutschen Wortes zu nehmen, kann nur daran liegen daß sie völlig unter dem Eindruck der geistlosen Bösewort-Liste des Political Correctness Wahns stehen. Ihr Verhalten und Denken scheint von maschinenwesenhafter Abstraktheit geprägt zu sein, dem jeder Sinn für die Lebendigkeit im Umgang mit Wörtern fehlt.

Negernbötels Bürgermeister Marco Timme hingegen bewertete die „Diskussion über eine Namensgebung von 1306 als nachrangig“. den Lübecker Nachrichten hatte er zu dem Thema gesagt: „Das ploppt alle Jahre wieder hoch. Bei uns lebt nicht ein Rassist.“ Sie hätten so großen Zuspruch und wen das störe, der könne ja woanders wohnen, hatte er seinen Ärger zum Ausdruck gebracht.

Vgl. dazu den Beitrag der “Jungen Freiheit.